Buch: Große Handpuppen ins Spiel bringen

Große Handpuppen ins Spiel bringen

Technik, Tipps und Tricks für den kreativen Einsatz in Kindergarten, Schule, Familie und Therapie

In vielen Familien, Kindergärten, Schulen und Praxen sind die großen Handpuppen längst zu Hause. Oftmals kommen sie jedoch nur selten oder einseitig zum Einsatz, weil es an Basiswissen und Anregungen fehlt. So bleiben immense spielpädagogische Möglichkeiten ungenutzt. Und genau hier setzt dieses Buch an: Es zeigt auf, welche unterschiedlichen Rollen und Funktionen die Puppe übernehmen kann, und führt auf leicht verständliche Weise in die Spieltechnik ein. Es bietet eine Fülle von Beispielen für den pädagogisch motivierten Einsatz der Handpuppen, gibt wertvolle Tipps, wie die Puppen in Unterricht und Gruppenarbeit eingesetzt werden können und bietet Hilfestellungen und Spielstrategien für knifflige Situationen.

Die lebendige und fröhliche Art, in der es geschrieben ist, nimmt Hemmungen, inspiriert und weckt die Lust, die Puppen sofort einmal auszuprobieren.

Für Kindergarten, Tagesstätte, Hort, Grundschule und Elternhaus, aber auch für den Einsatz in der Präventionsarbeit, im Kindergottesdienst oder in der Therapie – wo immer spielerische Impulse gut tun, um in eine Thematik einzuführen oder eine Stimmung zu verwandeln…

  • 10. Auflage 2019
  • 112 Seiten, durchgehend mit Farbfotos illustriert
  • Preis: 21,- €  (versandkostenfrei innerhalb Deutschlands).
  • Sowohl im Buchhandel als auch bei mir erhältlich
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Keine Angst vor Fehlern

Wenn Sie sich an die Arbeit machen, die Führung der Puppe zu erlernen, werden Sie am Anfang immer wieder erleben, wie es an ihrer Spieltechnik hapert, und das ist natürlich keine besonders schöne Erfahrung. In dieser Situation besteht die Gefahr, dass Ihnen der alte Quälgeist mit Namen Perfektionismus das Lernen vermiest, Sie ihre Fehler zu gewichtig nehmen und das große Seufzen und Resignieren beginnt:

Ich finde es ganz schön schwer, auf so viele Dinge gleichzeitig zu achten. Manchmal denke ich, dass ich es nie lerne, die Puppe richtig zu bespielen.

Vielleicht ist die Technik für Sie nur deshalb so schwer, weil Sie unbedingt alles richtig und fehlerfrei machen wollen.

Natürlich will ich alles richtig machen. Wie sollte ich es denn sonst machen wollen?

Spielen und üben Sie so, dass es Ihnen Spaß macht, und wenn es Ihnen mal keinen Spaß macht, dann lassen Sie die Puppe Ihre Unlust ausdrücken: „Oh, … schon wieder üben? Fällt dir nicht mal was anderes ein? Ich meine, wir könnten doch eine Bank ausrauben oder den Bürgermeister kidnappen oder so … Immer üben, das ist doch schrecklich …“

Oder sie schreit: „Jetzt habe ich schon wieder vergessen, den Mund aufzumachen! Also so was! Wenn das noch einmal passiert, dann … dann … dann … werde ich nie wieder Klebstoff essen!“

„Ach, mir ist eher nach Seufzen zumute …“

Dann lassen Sie Ihre Puppe doch seufzen: „Ach menno, ich glaube, ich lerne das nie. Ich glaube, ich bin wohl die allerungeschickteste Puppe auf der ganzen Welt. Ich bin ein komplett hoffnungsloser Fall. Am besten bringst du mich wieder zurück in den Laden und sagst der Verkäuferin, sie soll mich ganz hinten ins Regal stopfen, wo mich niemals jemand finden wird …“ So können Sie mit der Puppe Ihr Üben, Ihre Arbeit und Ihre Unzufriedenheit in Spiel verwandeln und lernen, frei und respektlos mit Ihren Fehlern umzugehen. Denn wenn Sie nicht respektlos mit Ihren Fehlern umgehen, gehen ihre Fehler respektlos mit Ihnen um.

Es ist viel wichtiger, eine sorglose Puppenspielerin oder ein fröhlicher Puppenspieler zu werden, als dass Sie eine perfekte Puppenspielerin oder ein perfekter Puppenspieler werden. Denn wenn Sie der Freude folgen, kommt die Perfektion von allein.

Aber wenn ich Fehler mache, dann merkt es doch mein Publikum.

Die Frage ist nicht, ob das Publikum es merkt, wenn Sie Fehler machen, sondern ob es Ihr Publikum stört, wenn Sie Fehler machen. Nehmen wir an, es merkt, dass Sie einen Fehler gemacht haben, und es merkt sogar, dass Sie gemerkt haben, dass Sie einen Fehler gemacht haben. In diesem Augenblick haben Sie ein Publikum gewonnen, das sehr gespannt ist, wie Sie mit Ihrem Fehler umgehen werden. Es fragt sich: Was wird sie jetzt tun? Wird sie in Scham versinken? Wird sie den Fehler überspielen und so tun, als ob nichts gewesen wäre? Wird sie an ihrem Fehler leiden und gequält weiterspielen? Diese Varianten kennt das Publikum aus dem eigenem Alltag zu genüge. Außergewöhnlich wäre aber ein anderer Weg: Wenn die Puppenspielerin oder der Puppenspieler die Freiheit hätte, über sich selbst zu lachen und mit ihrem, bzw. seinen Fehler zu spielen. Das wäre eine Ermutigung zu Menschlichkeit und Freiheit, und vielleicht könnte es sogar anstecken.

Aber erwartet das Publikum denn nicht, dass ich keine Fehler mache?

Nein, das glaube ich nicht. Das Publikum erwartet, unterhalten und verzaubert zu werden. Es hat Sehnsucht nach dem Wunderbaren, nicht nach dem Perfekten. Und das Wunderbare begegnet ihm bereits in der kleinen Puppe, die vor ihm sitzt und mit ihm spricht…

Alles halb so wild – die Schritte bis zum ersten Auftritt

Nun haben Sie also eine Puppe. Sie sieht frech aus und es juckt Ihnen deshalb schon etwas in den Fingern, sie auszuprobieren. Vielleicht haben Sie auch schon einige Ideen, wie und vor wem Sie Ihre Puppe spielen könnten, und Sie ahnen, dass sie mit Ihr viel Freude in Ihre Familie, Ihre Einrichtung, Klasse oder Gruppe bringen. Sicherheitshalber haben Sie auch schon ein bisschen geübt, wie sie sich führen lässt und haben bemerkt, wie sich so langsam ein Gefühl für die Handhabung der Puppe einstellt. Aber wie geht es nun weiter?

Es ist wichtig, dass Sie Ihren ersten Auftritten besondere Aufmerksamkeit schenken und genau prüfen, wann und vor wem Sie spielen möchten. Die Kunst besteht darin, dass Sie sich das richtige Publikum suchen und ihr Spiel schrittweise weiterentwickeln: Sie haben die Puppe zweimal vor Ihrer besten Freundin ausprobiert und es hat Ihnen Spaß gemacht? – Prima! Dann laden Sie als nächstes noch eine zweite Freundin dazu, oder spielen, wenn Ihre Nichten zu Besuch kommen! Sie haben vor Ihren Kindern gespielt, als diese Besuch von ihren Freunden hatten? – Gut! Dann könnten Sie jetzt ja ausprobieren, wie es ist, einmal für fünf Minuten auf dem Kindergeburtstag ihrer Tochter zu spielen. – Das hat Spaß gemacht? Dann können Sie es doch bestimmt auch in ihrer Klasse einmal ausprobieren …

Wenn Sie vor wenigen Menschen spielen, die Sie gut kennen und die Sie wertschätzen, wird Ihnen das Spiel relativ leicht fallen. Sie sind wahrscheinlich frei, sich auch einmal Schnitzer zu erlauben und können sich trotz des Kribbelns im Bauch nach der ersten Aufregung relativ leicht entspannen. Dadurch sind Sie in der Lage, Ihr Publikum wahrzunehmen, und sind empfänglich für Impulse von außen, aber auch für eigene Einfälle. Sobald sich die erste Aufregung gelegt hat, stehen die Chancen gut, dass das Spiel aufblüht und Ihnen und Ihrem Publikum Spaß macht, so dass Sie beide mehr wollen und Sie irgendwann in naher Zukunft wieder spielen werden.

Wenn Sie über wenig Spielerfahrung verfügen und vor einem großen oder fremden Publikum spielen, können Lampenfieber und Druck jedoch zunehmen und zu groß werden. Neben der Lust zu spielen, sammelt sich auf einmal die Angst: „Auweia – was ist, wenn die mein Spiel gar nicht mögen? Was ist, wenn ich mich blamiere? …“ Wenn die Angst zu groß wird, besteht die Gefahr, dass Sie sich nach innen zurückziehen. Dadurch verengt sich Ihre Außenwahrnehmung und die Fähigkeit, mit dem Publikum in Kontakt zu treten, lässt rapide nach. Blockaden nehmen zu und die Spielfreude nimmt ab (vgl. Johnstone2002, S97). Der ganze Auftritt droht – zumindest jedenfalls für Sie – zu einem Fehlschlag zu werden …

Wenn Sie 37 wunderbare kleine Auftritte hatten und erst bei dem 38. Auftritt in Schwierigkeiten geraten, ist das nur halb so schlimm: Sie verfügen mittlerweile über genügend Erfahrung und Selbstbewusstsein, um nicht mehr an Ihren spielerischen Qualitäten zweifeln zu müssen. Bei den ersten Auftritten ist das jedoch anders und deshalb ist es wichtig, gründlich darauf zu achten, sich nicht zu überfordern.

Das gilt insbesondere dann, wenn Sie eingeladen werden, zu einem bestimmten Anlass zu spielen: „Hättest du nicht Lust, mit deiner schönen Puppe mal etwas im Kindergottesdienst zu machen?“ – „Frau Rakenbröck, Sie waren doch auf diesem Wochenendseminar, da könnten Sie doch jetzt vielleicht zur Weihnachtsfeier ein ganz kleines Stück vorspielen …“

Wenn Menschen Sie einladen, für sie zu spielen, kann das etwas Großartiges sein. Sie sehen Ihre Fähigkeiten, vertrauen ihnen und bieten Ihnen eine Möglichkeit an, sich weiterzuentwickeln. Vielleicht geben sie Ihnen dabei auch einen kleinen Schubs, damit Sie sich auf das neue Abenteuer einlassen können. Achten Sie aber darauf, dass Sie die Freiheit behalten zu entscheiden, wann und wo für Sie der richtige Augenblick und Ort ist zu spielen. Und lehnen Sie ein Angebot ab, wenn Ihnen die Sache zu groß erscheint oder Sie das Gefühl haben, dass Ihr Spiel in den vorgegebenen Rahmen nicht wirklich passt. Wenn Sie sich überreden lassen zu spielen, obwohl Sie es eigentlich nicht wollen und kein gutes Gefühl bei dem Auftritt haben, fehlt Ihrem Spiel womöglich die wichtigste Zutat – Ihre Freude.

Den Spielverlauf planen

Indem Sie Ihren Spielverlauf im Vorfeld planen, schützen Sie sich vor der Gefahr, sich zu verzetteln oder mitten im Spiel stecken zu bleiben. Eine solche Planung muss weder sehr umfangreich sein, noch viel Zeit kosten. Häufig genügt es schon, sich das Thema, einen Einstig und das Ende zu überlegen. Wenn Sie mehr Sicherheit brauchen (z. B. für Ihren ersten Auftritt in der Klasse, bei einem Anspiel im Gottesdienst oder für die Aufführung eines Stückes, das zwanzig Minuten dauern soll), können Sie den Ablauf auch detaillierter planen und eine Art Drehbuch entwerfen.

Planen Sie Spielsequenzen, die etwa fünf Minuten dauern. Wenn das Spiel schließlich zehn Minuten dauert, weil Sie neue Einfälle bekommen haben und es Ihnen und den Kindern so viel Spaß gemacht hat, ist das klasse. Wenn Sie in eine tolle Geschichte hineingeraten und es dann zwölf, fünfzehn oder zwanzig Minuten dauert, bis das Spiel zum Ende kommt – umso besser (es sei denn, irgendwer wird ärgerlich, weil Sie die Stunde überzogen haben …). Planen Sie aber trotzdem nur eine kleine Sequenz. Die kurze Zeitspanne zwingt Sie, den Handlungsablauf des Spieles schlicht zu halten. Bei einem Stück, das länger als zehn Minuten dauert, verändert sich in der Regel die Struktur: Die Handlungsstränge werden komplexer, es wird schwieriger, den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten, und aus einem Anspiel oder einer kleinen Episode wird auf einmal eine Geschichte (vgl. Struktur einer Spielsequenz, S.49). So schön eine längere Geschichte und ein ausgefeiltes Puppentheaterstück auch sein mögen, in den meisten Situationen genügt eine kleine Sequenz zu einem bestimmten Thema völlig…

  • Der Weg des Künstlers, Julia Cameron
  • Free Play. Kreativität geschehen lassen, Stephen Nachmanovitch

Beide Bücher haben im eigentlichen Sinne zwar nichts mit Puppenspiel/ Figurentheater zu tun, sind aber sehr erhellend, inspirierend und ermutigend, was die Entwicklung der eignen Kreativität und Fähigkeit zur Improvisation angeht.